Stimmen zum Polytheismus und Monotheismus - Zentrum für Sumerische Studien

Direkt zum Seiteninhalt


Philosophen. Denker. Wissenschaftler.
_____________________________________________________________________________________________________________________________________________________


Judentum, Christentum und Islam verkünden: "Nur ein Gott! Nur mein Gott!". Wir setzen dagegen: Einheit in Vielfalt. Denker aus Kultur und Wissenschaft befassen sich mit Fragen des Daseins, der Religion und dem Wandel vom Polytheismus zum Monotheismus. Solche Fragen belasten alle Menschen - auch wenn es nur wenigen bewusst ist. Ihre Feststellungen dazu untermauern die Notwendigkeit der Wiederaufnahme des sumerischen Kultus in heutiger Zeit.


Carl Gustav Jung, Begründer der analytischen Psychologie:


Was die sumerischen Götter auszeichnet und ganz sicher weiser und ursprüng­licher als die Lehre des Christentums ist, dass sie eine Ganzheit verkörpern, die alle Gegensätze einschließt, wie beispielsweise Gut und Böse. Das Christentum, so wie es sich entwickelt hat über die Jahrhunderte, steht nur für das Gute. Christus verkörpert das Gute, Satan das Böse. Das von Beginn der Schöpfung an beides im Menschen angelegt ist, ohne sein Wissen und Wollen, so wie es im Athrahasis-Epos beschrieben wird, fällt unter den Tisch. Das ist der Grund dafür, weshalb christliche Ideale nicht konsequent gelebt werden können und zwangs­läufig scheitern müssen. Der falsch interpretierte Christus kann nichts dafür, „seine“ Kirche aber ist früh schon auf die falsche Fährte abgebogen.

Jan Assmann, Ägyptologe und Religionswissenschaftler:


Seit Moses wird in der Religion zwischen „wahr“ und „unwahr“ unterschieden, zwischen „wahrem Gott“ und „fal­schen Göt­zen“. Ich nenne es daher die „Mosaische Unterscheidung“. Hier entsteht der Hass der Ein-Gott-Gläubigen auf die zu „Göt­zen“ erniedrigten Götter und auf die zu „Heiden“ erklärten Bisher-Gläubigen. Die Theo­­login Mar­got Käß­mann sagte, Toleranz sei die Fähigkeit, Dif­ferenz auszuhal­ten. Die­se „Differenz“ ist aber nicht naturge­ge­­­ben, sondern überhaupt erst ein Werk der Ein-Gott-Religion. Wenn sie „Tole­ranz“ predigt, steuert sie einem Übel ent­ge­gen, das sie selbst in die Welt gesetzt hat. In den polytheistischen Re­li­gionen stellt sich die Toleranzfrage nicht, weil sie keine absolute Wahr­heit kennen. Weder die kosmischen Er­schei­­nungen noch die Götter-Erzählungen erheben diesen Anspruch. Daher gibt es dort auch keine religiös konzipierte Gewalt, wohl aber im Islam, im Chris­ten- und im Judentum. Hier wird scharf getrennt zwi­schen wahrem Gott und falschen Göttern, zwischen wahrer Lehre und Irr­lehren. Und – welch Überraschung! – die Wahrheit findet sich stets auf der eigenen Seite.

Michel Houellebecq, Schriftsteller:


Ich wurde von entchristlichten Menschen großgezogen, daher kann ich mir nur schwer erklären, warum ich als Kind zur Sonntagsschule ging. Ich glaube, es lag daran, dass ich auf dem Land aufwuchs und es für Kinder sonst nichts gab. Ich ging also zur Sonntagsschule und ich erinnere mich, damals sehr interessiert an metaphysischen Fragen gewesen zu sein: Gibt es jemanden, der das Universum erschaffen hat? Hatte die Zeit einen Anfang? Wird sie ein Ende haben? Ich fand, dass man sich in der Sonntagsschule zu sehr auf die Übel der Dritten Welt konzentrierte und das Ganze viel zu humanitär ausgerichtet war. Meine Fragen wurden dort jedenfalls nicht im Geringsten beantwortet.
  
Auf dem Gymnasium nahm ich dann am Religionsunterricht teil, obwohl das freiwillig war. In der Zwischenzeit hatte ich das Böse entdeckt, und ich interes­sierte mich sehr für die Fragen des Bösen: Woher es kam, ob Satan wirklich große Macht besaß, warum Gott das Böse zugelassen hatte… Doch tatsächlich erhielt ich auch dort keine echten Antworten auf meine Fragen: Es war immer nur der gleiche abgedroschene Pfadfinderkram.

Peter Sloterdijk, Philosoph:


Monotheismus ist nicht einfach der Kult einer einzigen Gottheit, keine duldsame Liebenswürdigkeit, sondern eine Zwangsvorstellung mit exklusivem Wahrheitsanspruch. Zunächst wurde die ausschließliche Zuständigkeit des Gottes JHWH für Israel reklamiert. Andere Völker dürfen andere Götter verehren, In Israel aber ist der einzig legitime Kult nur der für JHWH. Nach dem babylonischen Exil wird Israels Gott plötzlich zum Herrn von Schöpfung und Geschichte erklärt, womit ein Universalismus erreicht ist, der alle anderen Götter und Kulte ablehnt. Sie werden jetzt als Wahngebilde hingestellt und ihre Anhänger als "Heiden" verunglimpft. Zugleich beginnt ein innerer und äußerer Kampf gegen diese "Heiden", der die Geschichte aller drei monotheistischen Religionen begleitet. Und es bekämpfen sich die Monotheismen gegenseitig - kann doch nur EINE Religion unverkürzt die Offenbarung des EINZIGEN Gottes festhalten und dieser Gott nur auf EINE Weise angemessen verkündet und verehrt werden. Auch innerhalb der Religionen ist kein Platz für Toleranz: Abweichungen im Glauben oder der kultischen Praxis werden scharf geahndet. In dem Moseswort "Es töte ein jeder den eigenen Bruder, Freund und Nächsten" (2. Moses 32,27) ertönt erstmals die Parole jenes Eifers, die Repression nach innen und Aggressivität nach außen fordert: Mord und Totschlag nicht aus Not, sondern aus Prinzip.

Odo Marquard, Philosoph:


Im Monotheismus negiert der EINE Gott durch seine angebliche Einzigkeit die vielen Götter und liquidiert zugleich die vielen Geschichten dieser Götter zugunsten seiner "Heilsgeschichte". Er entmythologisiert die Welt. Der Kopf optiert fürs Profane, wenn der Mensch vor Gott auch noch den Kopf abzunehmen hat; und wo die Heilsgeschichte gegenweltlich wird, muss sich die Welt aus Notwehr gegengeschichtlich formieren: sie wird so zur Geschichtslosigkeit gezwungen. Sie formiert sich durch Absage auch noch an die letzte, die Heilsgeschichte: als exakte Wissenschaftswelt und System der Bedürfnisse; sie versachlicht sich zur Welt bloßer Sachen. Alle Geschichten werden verdächtigt: die Mythen als Aberglaube, die Traditionen als Vorurteile, die Historien als sinnlose Bildung. Seit dem Beginn der Neuzeit aber zieht sich der EINE Gott immer mehr aus der Welt in sein Ende zurück, und damit ist die Chance gegeben, dass die vielen Götter, die einst aus dem Himmel vertrieben wurden, diesen in aufgeklärter Form wieder bewohnen können, ebenso wie die Erde. Es braucht ein gewisses Maß an Schlamperei durch Kollision der regierenden Gewalten, um als Individuum Freiraum zu haben; ein Minimum an Chaos ist die Bedingung der Individualität. Sobald aber -im Monotheismus- nur mehr ein einziger Gott regiert, muss der Mensch in dessen totalen Dienst treten und parieren: Das Individuum entsteht gegen den Monotheismus!

Carl Gustav Jung, Begründer der analytischen Psychologie


Jeder Mensch muss sein Möglichstes dafür tun, sich ein Bild über das Leben nach dem Tode zu machen – auch mit dem Eingeständnis seiner Ohnmacht. Wer das nicht tut, hat etwas verloren. Denn was als Fragendes an ihn herantritt, ist uraltes Erbgut der Menschheit, ein Archetypus, reich an geheimem Leben, der sich dem eigenen hinzufügen möchte, um es ganz zu machen. Die Vernunft steckt uns viel zu enge Grenzen und fordert uns auf, nur das Bekannte zu leben, so als ob man die wirkliche Ausdehnung des Lebens kennte! Tatsächlich leben wir Tag für Tag weit über die Grenzen unseres Bewusstseins hinaus; ohne unser Wissen lebt das Unbewusste mit. Je mehr die kritische Vernunft vorwaltet, desto ärmer wird das Leben; aber je mehr Unbewusstes, je mehr Mythus wir bewusstzumachen vermögen, desto mehr Leben integrieren wir. Die überschätzte Vernunft hat das mit dem abso­lu­ten Staat gemein: unter ihrer Herrschaft verelendet der einzelne. Das Unbe­wusste gibt uns eine Chance, Es ist imstande, uns Dinge mitzuteilen, die wir allein durch Logik niemals wissen können.

Mehr darüber erfahren.
Zurück zum Seiteninhalt