Der Aufstieg Marduks als Schritt zum Monotheismus
Marduk, der Gottvater Babylons
Dass eine monotheistische Schule in einem der literarischen Kreise Babyloniens tatsächlich existierte, darauf hatte berereits Henry Rawlinson seit längerem hingewiesen. Sie entstand in Uruk, einem frühen Zentrum semitischen Einflusses und bemühte sich, die vielfältige Götterwelt Mesopotamiens zugunsten betonter Verehrung des „einen Gottes“ Anu, zu überwinden. Es hat nie viele Bekehrte gegeben, dem ist wohl so; aber die Tendenz zum Monotheismus setzte sich im gebildeten Teil der Bevölkerung fort. Und als Babylon Hauptstadt des Reiches wurde, wurde Marduk nicht nur als „Bel“, der Herr, verehrt, sondern als der oberste Herr über allen anderen Göttern. Obgleich die Existenz der übrigen Götter nicht angetastet wurde, fielen sie gleichsam in einen Schattenhintergrund und der Anbeter Marduks vergaß in seinem Kultus nahezu, dass sie überhaupt noch existierten.
Die Gebete Nebukadnezars sind ein Beweis dafür, wie nah die Linie war, die seinen Glauben von dem des Monotheisten trennte. „Zu Marduk, meinem Herrn“, sagte er, „habe ich gebetet. Ich richtete meine Bitte an ihn, das Wort meines Herzens suchte ihn, und ich sprach: Oh Fürst, der du ewig bist, Herr von allem, was da ist: Den König, den du liebst, den du bei seinem Namen gerufen hast wie es dir gefiel, du leitest ihn recht, du behütest ihn auf dem Weg der Gerechtigkeit! Ich, dein Diener, der dir gehorcht, bin das Werk deiner Hände. Du hast mich geschaffen und mir die Herrschaft über unzählige Menschen anvertraut, im Einklang mit deiner Göttlichkeit. Oh Herr, der du die Menschen ins Leben gerufen hast und sie führst: Lass mich deine höchste Herrschaft loben, die Furcht vor deiner Göttlichkeit im Herzen tragen und gib ihnen, was gut für sie ist, der du auch mein Leben bewahrst.“
Der Mann, der solches beten konnte, war vom Königreich Gottes nicht mehr weit entfernt.
Quelle: „Babylonians und Assyrians Life and Customs by Referend A.H. Sayce. London, 1900“
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